Die Idee

Die Idee ist eigentlich ganz simpel. Menschen, die mit Problemen zu kämpfen haben, die ein und dieselbe Ursache haben, treffen sich, um sich eben diese Probleme zu schildern, um sie gemeinsam anzugehen und um zu lernen, dass die alltäglich empfundene Aussichts- und Machtlosigkeit kollektiv überwunden werden kann und um vielleicht sogar bis an die Wurzel der Probleme – die Ursache(n) – vorzudringen.

Soweit so gut. Aber wie so viele andere ist auch diese Idee nicht so einfach in die Tat umzusetzen. Das hat sicherlich viele Gründe, die wir nicht alle nennen können und ebensowenig alle kennen. Ein wesentlicher Teil ist aber dem mangelnden Bewusstsein darüber geschuldet, dass es zusammen halt einfach einfacher ist. Die Meisten wuseln für sich allein durch den alltäglichen Dschungel der Herrschaft. Was bleibt, sind Menschen, die den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen und ohnmächtig in dem keineswegs notwendigen Zustand verharren oder – noch ärgerlicher – falschen Versprechen und Erklärungsmustern hinterherlaufen.

Das muss sich ändern und auch wenn es viele scheinbar überzeugende Argumente gibt, die gegen den Versuch sprechen, ein Stückchen mehr Gemeinsam und Kollektivität in unser Leben zu bringen, wollen wir der Versuchung nicht widerstehen. Als Inspirations- und Motivationsquelle dienen uns all jene, die sich schon auf den Weg der Umsetzung gemacht haben. Viele von ihnen sind uns nichteinmal bekannt und leider können wir hier auch nur die üblichen Verdächtigen nennen.

Da wäre zunächst die „Plataforma de Afectados por la Hipoteca“ (frei übersetzt: Forum der von Hypotheken Betroffenen) aus Spanien zu nennen. Diese wurde 2007 als Reaktion auf die einsetzende Finanz- und Wirtschaftskrise in Barcelona ins Leben gerufen, um den hochverschuldeten und somit auch oft von Räumung bedrohten Privathausalten beizustehen. In vielen gemeinsamen Sitzungen und intensiven Diskussion entwickelten die Betroffenen basisdemokratisch verschiedenste kreative Protestformen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen: sie errichteten Blockaden bei drohenden Zwangsräumungen; besetzten Banken, Büros von Immobilienunternehmen und Parteien; legten Infrastrukturen lahm usw. Die Betroffenen lernten so nicht nur sich selbst zu helfen, sondern auch die Perspektive zu erweitern für die gleichen oder ähnlichen Probleme Anderer. Die Probleme der Einzelnen wurden so zu den Problemen aller.

Eben dieser Kerngedanke der Solidarität breitete sich nicht nur in Spanien schnell organisatorisch aus. Auch in Deutschland fand und findet die Idee mit „Wilhelmsburg Solidarisch“ in Hamburg und „Zwangsräumung verhindern“ in Berlin bereits Anklang und dies sind nur die medial wahrnehmbaren Beispiele. So gibt es mit Sicherheit viele Menschen, wie uns hier in Jena, die bereits begonnen haben oder sich beginnen gegen den „Mietenwahnsinn“ zu organisieren.

Die Verhältnisse in Jena mögen andere seien als in Berlin oder Hamburg. Zwangsräumungen gehören hier nicht zum Alltag, aber dennoch gibt es Menschen, die ihre Wohnungen verlassen müssen, weil sie sie sich nicht mehr leisten können, weil sie nicht mehr der Angemessenheitsgrenze der „Kosten der Unterkunft“-Richtlinie für Hartz-4-Empfänger*innen entspricht oder einfach weil sich das gewohnte Wohnumfeld rasant verändert und mensch sich zwischen standardisierten Konsum und Ästhetik nicht mehr wohl fühlt. Dies alles basiert nicht auf unmittelbaren Zwang, aber trotzdem auf den Systematiken einer ungerechten Gesellschaftsordnung.

Nun; wir stehen bei unserem Vorhaben erst am Anfang und erhoffen uns viele lehrreiche Erfahrungen und gemeinsame Erfolge. Etwas bescheidener wünschen wir uns aber ersteinmal einen motivierenden Auftakt mit einigen Interessierten und Befürworter*innen der Idee der solidarischen Selbstorganisierung.